Bromacker

Die Fossillagerstätte „Bromacker“ in der unterpermischen Tambach-Formation nahe der Stadt Tambach-Dietharz im Thüringer Wald ist seit mehr als 100 Jahren bekannt und repräsentiert außerhalb der USA eine der bedeutendsten und produktivsten Fossillagerstätten für Landwirbeltiere (terrestrische Tetrapoden) aus dem unteren Perm (vor etwa 290 Millionen Jahren) (Pabst, 1895; Martens, 2018). Die Fundstätte ist weltweit einzigartig in Bezug auf die erstklassige Erhaltung der Fossilien sowie ihre außerordentlich große Artenvielfalt (Diversität) und ermöglicht dadurch einen unschätzbar wertvollen Einblick in die Paläobiologie und Ökologie früher Landwirbeltiere und ihrer Umwelt. Darüber hinaus repräsentiert sie die weltweit einzige Fossillagerstätte dieser Zeit, in der Körperfossilien und Spurenfossilien auf dem Populationslevel gleichzeitig erhalten sind (Voigt et al., 2007). Außergewöhnlich ist außerdem, dass die Fauna eine Hochlandfauna darstellt, was aufgrund von Erhaltungsbedingungen sehr selten ist (Eberth et al., 2000). Nur die Fort Sill Lagestätte in den USA repräsentiert ebenfalls eine Hochlandfauna des unteren Perms und bietet damit eine hervorragende Vergleichsgrundlage für faunistische und biogeographische Studien (MacDougall et al., 2017). Die Bedeutung der Fossillagerstätte „Bromacker“ für die Dokumentation der frühen Evolution von Wirbeltieren an Land ist in ihrem Stellenwert mit dem anderer herausragender Fundstellen innerhalb Deutschlands vergleichbar, wie zum Beispiel dem UNESCO-Weltnaturerbe Grube Messel und den weltweit bekannten Fundhorizonten in Holzmaden und Solnhofen.

Das Gesamtvorhaben lässt sich aufgrund seiner Vielseitigkeit und Interdisziplinarität in die folgenden Schwerpunkte gliedern:

  • Koordination
  • Biodiversität (Taxonomie, Artenvielfalt, Phylogenie)
  • Ökosysteme (Trophiestrukturen, Komplexität, Biogeographie)
  • Biomechanik (Nahrungsanpassungen, Lokomotion, Spurenfossilien)
  • Physiologie (Knochenhistologie, Ontogenese, Morphometrie)
  • Geologie und Klima (Sedimentologie, Geochemie, Paläoklima, Taphonomie)
  • Wissenstransfer und -vermittlung (Vermittlungsmaßnahmen)

Unsere Arbeitsgruppe wird den Schwerpunkt Geologie und Klima durchführen.

Steinbruch „Seeberger Fahrt“ 1895

Foto: Martens 1994

Thüringer Becken

Abbildung: Wikimedia

Geologie und Klima

Für das Verständnis des Paläoökosystems des Tambacher Becken ist es essentiell, neben der wissenschaftlichen Untersuchung der Lebewelt die geologischen und paläoklimatologischen Zusammenhänge in der Region während des unteren Perms zu verstehen, um fundierte Rückschlüsse auf die landschaftlichen und ökologischen Beschaffenheiten und Veränderungen der Region sowie das Klima ziehen zu können.

Die Analyse der Kerne schafft vielfältige Datensätze, um die Grundlagen für eine „engmaschige“, durch geostatistische Modellierung unterstützte Detailfazieskorrelation dieser Horizonte im Untergrund zu schaffen. Darüber hinaus werden mikropaläontologische, paläoökologische, mikrofazielle und andere sedimentologische Untersuchungen (Korngrößen, Sedimentstrukturen, Tonminerale, Bodenbildungen) in der Synthese eine detaillierte Rekonstruktion der Paläoumwelt der Tambach Formation und der klimatischen Entwicklung im Tambacher Becken erlauben. Kernfragen zur Paläoumwelt im Tambacher Becken, die mit diesem mehrschichtigen Ansatz beantwortet werden sollen, beinhalten z. B. das Ausmaß und die Topographie des Beckens; welche kurzzeitigen (z. B. jahreszeitlichen) oder langfristigen (z. B. Klimawandel) Prozesse die Morphologie des Beckeninneren geprägt haben, und welche Parameter die Paläoumwelt der von Flora und Fauna genutzten Regionen bestimmten. Das Verständnis der Paläoökologie und Beschaffenheit im Tambacher Becken liefert einen wichtigen Rahmen für die Interpretationen der Daten, die in den anderen WPs generiert werden und ist daher inhaltlich eng mit ihnen verknüpft. Dies bezieht sich sowohl auf die wissenschaftlichen Interpretationen, z. B. wie entwickelte sich die Flora und Fauna in Relation zu den landschaftlichen und klimatischen Bedingungen und warum werden fossile Wirbeltiere einerseits und Fährtenfunde andererseits nur in sehr spezifischen Horizonten vorgefunden, aber auch auf organisatorische Aspekte, wie z. B. die strategische Prospektion für neue Grabungsstandorte, die wiederum wichtige Daten für die Biodiversität und Biomechanik liefern können.

Die beschriebenen geologisch-klimatischen Untersuchung dieses Arbeitspakets werden durch die Expertise und Infrastrukturen verschiedener Projektpartner und Kollaborateure, insbesondere am Managementbüro des Nationalen GeoParks Inselsberg – Drei Gleichen, der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und in Kollaboration mit der TU Bergakademie Freiberg gestützt. Darüber hinaus sollen die umfassenden Untersuchungen der Lithofazies und Stratigraphie bzw. der Paläoökologie und Mikrofazies maßgeblich durch Promotionsstellen unterstützt werden (s. u.). 

Die Forschungsbohrungen sind eine zentrale Komponente im Arbeitspaket, die entscheidend zu einem umfassenden Bild des Paläoökosystems beitragen werden. Dabei wird die ingenieurtechnische Planung der Forschungsbohrungen durch das Managementbüro des UNESCO GeoParks Inselsberg – Drei Gleichen durchgeführt werden. Darunter fallen die Erstellung der ingenieurtechnischen Planung für die wissenschaftlichen Forschungsbohrungen in Abstimmung mit den wissenschaftlichen Projektpartnern und dem Geologischen Dienst der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie (TLUG) sowie die assoziierten notwendigen behördlichen Genehmigungen für die Forschungsbohrungen mit Unterstützung der Projektkoordination. 

Chronostratigraphischer Rahmen

Abbildung: Lützner et al. 2020

Paläontologische und mikrofazielle Untersuchungen:

  • Mikropaläontologische Untersuchungen von vor allem Conchostraken und Ostrakoden, aber ggf. auch anderen Invertebraten, zur paläoökologischen und taphonomischen Interpretation, ggf. biostratigraphische Informationen
  • Mikrofaziesanalyse an Dünnschliffen für sedimentologische, taphonomische und Paläoumweltaussagen
  • Sedimentologische Analysen an Fundhorizonten zur Einordnung von Paläoumwelt, Sedimentationsprozessen und Diagenese

Tetrapodenvielfalt von Bromacker

Abbildung: Joschua Knüppe

Ichnostratigraphie der Fußabdrücke von Tetrapoden aus dem Perm

Abbildung: Sebastian Voigt